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3D-Simulationen • Bilder und Videos




What follows is information regarding camera-free digital images. We are all more than used to seeing digital images for example when we play games at http://www.poker.dk/, when we look at certain pieces of art and also on TV but how much do we really know about them? We hope the following gives you the insight you need and all the information you want on the topic.


Gerhard Mantz, Gero Gries, Martin Dörbaum, Yves Netzhammer, Yoichiro Kawaguchi

Enno Kaufhold

Kameralose Digitalbilder

Abgeschmackte „Bildkreationen" aus dem Photoshop gehören zwar noch nicht ganz der Vergangenheit an, inzwischen sind aber die inhaltlichen und ästhetischen Ansprüche an digitale Bilder gewachsen und gleichzeitig deren allseitige Präsenz. Wir treffen auf sie vor allem in der Magazin- und Zeitschriftenwerbung. Auch im Kinofilm steht der Rechner immer häufiger Pate. In den Galerien, den Kunst- wie den Fotogalerien, großformatige Papierabzüge von Dateien ausgedruckt, auf Aludibond kaschiert und mit Plexiglas laminiert, oder schwarzweiße Vergrößerungen digital im Inkjet-Verfahren ausgedruckt. Wohin wir blicken, hybride Bilder, entstanden in Verfahren, in denen von konventioneller, analoger Fotografie bis zu diversen digitalen Prozessen, in verschiedensten Varianten kombiniert, alles ineinandergreift, wenn das auch nicht immer leicht zu durchschauen ist. Nicht minder unscharf die Begriffe und die Trennschärfe zwischen analog und digital. „Fotografie" subsumiert inzwischen alles, was nach kameratechnischer Präzision und nach Zentralperspektive aussieht, selbst wenn das Bild rein digital produziert wurde.

Worin sich die drei Berliner Gerhard Mantz, Gero Gries und Martin Dörbaum, der Schweizer Yves Netzhammer und der Japaner Yoichiro Kawaguchi davon unterscheiden, das ist ihr kameraloser Gebrauch der Digitaltechnik. Im ersten Arbeitsschritt verwenden sie für ihre Bilder und filmischen Animationen die für Architekten, Designer und Filmanimateure entwickelten 3D-Programme. Die dabei entstehenden dreidimensionalen Bildkonstruktionen werden dann im zweiten Schritt mit speziellen Rendering-Programmen rechnerisch in die gewohnte bildmäßige Zweidimensionalität übertragen. Was die fünf ungeachtet der verschiedenen von ihnen eingesetzten 3D- und Rendering-Programmen und ihren verschiedenen Bildern, Intentionen und Gestaltungsvorstellungen eint und für die Ausstellungstour „natürlich künstlich. Artifical Life" zusammengeführt hat, das ist eben diese Art der kameralos hergestellten Digitalbilder, der stehenden wie der „laufenden".

Nachdem bislang die kameratechnisch produzierten Bilder auf ihre analogen und neuen digitalen Spezifika diskutiert worden sind (hervorzuheben Gottfried Jägers Differenzierung im Katalog der Ausstellung „Fotografie nach der Fotografie" von 1995; und erwähnt sei mein Beitrag „Analoge versus digitale Fotografie. Zur Geschichte und Prognose zweier Medien", in: Photonews, 9/1997, S. 3), lassen die originär am Rechner produzierten Bilder die Frage nach der Medienspezifik digitaler Bilder nun verstärkt aufkommen. Am auffälligsten, gewissermaßen noch im Vorfeld, wirkt der Umstand, daß die fünf Künstler die primär für gewerbliche Anwendungen bestimmten Programme als künstlerische Mittel einsetzen. Während von der Einführung der Fotografie bis zur expliziten Verwendung als Kunstmittel durch die Kunstfotografen noch rund ein halbes Jahrhundert verging, trennen Kommerzialisierung und Kunst diesmal nur wenige Jahre.

(veröffentlich in Photonews, 4/2001)

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Für
Gerhard Mantz erwuchs die Beschäftigung mit den 3D-Programmen aus seiner Bildhauerarbeit. Er versprach sich davon zunächst ausschließlich optimierte Entwürfe für die zu bauenden Skulpturen. Über die ersten Erfahrungen fand er jedoch mehr Gefallen an den virtuellen Ergebnissen, erlaubten sie ihm doch Konstruktionen, die als reale Objekte nicht mehr zu bauen waren, die aber in der bildmäßigen Fassung zu ungewöhnlichen Ergebnissen führten. Inzwischen hat die Arbeit an virtuellen Skulpturen das praktische Bildhauern überflügelt und zu den Objektdarstellungen kamen Landschaften, oder besser gesagt, landschaftsähnliche Bilder hinzu. Denn die in diesen Motiven angelegten Texturen stehen dem Landschafts- und Natursujet zwar sehr nahe, im definitiven Bildausdruck spürt der Betrachter aber die Veränderungen zu den Gräsern, Steinen und Naturformationen, die er kennt. „Ich gebe dem Bild gerade so viel an Fotorealismus", sagt Gerhard Mantz, „daß der Betrachter dazu verführt wird, Anteil zu nehmen."

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Auch Gero Gries hat gemalt und sich in anderen bildenden Tätigkeiten geübt, bevor er sich intensiv und ausschließlich für das Arbeiten am Rechner entschied. Er befaßt sich mit Innenräumen. Zu den ersten Motiven gehörten Ansichten von Swimmingpools, einem deshalb reizvollen Thema, weil es für den Einsatz der digitalen Technik, insbesondere beim Rendern, durch die objektbedingten Spiegelungen der Kacheln und der Wasseroberfläche eine gewisse Affinität zeigt. Dem Interieur ist er auch weiterhin mit Ansichten von privaten wie öffentlichen Räumen treu geblieben. Immer zeigt er die Innenräume ohne Menschen, zugleich erscheinen sie unnatürlich aufgeräumt und in den Darstellungen der Oberflächen in unbekanntem Maße glatt. In der solchermaßen erwirkten Reduktion sucht Gero Gries das Wesentliche hervorzuheben.

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Martin Dörbaum fand seinen Weg zu den kameralosen Digitalbildern schon während seiner Studienzeit an der Hochschule der Künste in Berlin, als dort ein Studio für digitale Bildtechniken eingerichtet wurde. Bei ihm waren es ebenfalls von Beginn an die Innenräume, die ihn beschäftigten, wobei diese deutlicher eine gewisse Nähe zu seinem Leben suggerieren. Allerdings zeigen seine Raumarrangements eine strengere Geometrisierung und Detailreduktion, so daß sie nicht so schnell mit analogen Fotografien verwechselt werden. Am ehesten wird der Betrachter bei seiner Serie „Microviseur" getäuscht, in der die tonnenförmigen Verzeichnungen an den Fischaugeneffekt eines Kameraobjektivs erinnern, obwohl es sich konkret um simulierte Durchblicke durch einen Türspion handelt (worauf der französische Titel verweist).

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Im Wechsel von stehenden und animierten „laufenden" Bildern arbeitet der Schweizer Yves Netzhammer, der aus einfachen Darstellungen von Tieren, Objekten und Personen seine Animationen mit ganz unverwechselbarem Stil entwickelt hat. Denn er publizierte einzelne Figuren- und Formfindungen parallel als grafisch vielfältig einsetzbare Stills. Verbunden werden diese wie die filmischen Animationen durch sein Kalkül, mit scheinbar einfachsten Darstellungen auf komplizierte Zusammenhänge zu verweisen, wobei – seinem Naturell entsprechend – ironisch witzige Brechungen als Strategie mitschwingen. So provozieren seine kindlich anmutenden Szenarien, in denen er mehr und mehr Verweise auf modernste Technik einbaut, im gedanklichen Nachhall beim Betrachter doch letztlich Nachdenklichkeit.

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Gemessen am Rechenaufwand, der als „Materialseite" bei den kameralosen Digitalbildern zu Buche schlägt, speziell bei den filmisch animierten, gehört der Japaner Yoichiro Kawaguchi mit seinen Animationen heute weltweit zu den bekanntesten Protagonisten. Seit er Mitte der 70er Jahre mit der Digitaltechnik zu arbeiten begann, kamen ihm seine Tätigkeit in führenden Elektronikfirmen und seine Erfahrungen bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz zugute. Seine jüngsten Animationen, jeweils mehrminütige Sequenzen, hat er in dem Video, bzw. der DVD „Luminous Visons" vereint, kombiniert mit elektronischer Musik von Tangerine Dream. Darin versetzt er den Betrachter in eine simulierte Unterwasserfahrt vorbei an Fischen oder an Korallenriffs, die sich im ständigen Fluß aus gegenstandslosen Konfigurationen generieren und vice versa: ein virtueller Evolutionsprozeß, ohne bestimmte Richtung, klaren Anfang oder definiertes Ende. In bunter, kaleidoskopartiger Farbgestaltung übernimmt er die Erfahrungen der psychedelischen Kunst der 70er Jahre, allerdings ohne dafür sinnestäuschende Rauschmittel zu benutzen. Im Verschmelzen der fließenden Bilder mit dem Klangfluß ergibt sich ein Synästhesieeffekt, wie ihn sich Wassily Kandinsky vor Jahrzehnten in seiner abstrakten Kunst zum Ziele gesetzt hat.

Die Animationen von Yoichiro Kawaguchi ausgeklammert, vermitteln die kameralosen Digitalbilder allein schon durch ihre Nähe zur gewohnten Zentralperspektive wie durch die im Ansatz vergleichbaren Bildoberflächen den Eindruck, sie simulierten Fotografie. Doch entpuppt sich das Fotografisch-Optizistische als Struktur der verwendeten Programme, die – und insofern bestätigt das mittelbare Analogien – noch auf dem zentralperspektivischen Sehen basieren. Allerdings weisen die virtuellen Ansichten eine in der Fotografie wie in der Natur nicht anzutreffende Perfektion in Form und Aussehen auf. Es hieße diesen fotografischen Hyperrealismus der Bilder und Videos jedoch restlos mißzuverstehen, in ihnen Lebens- und Realitätsferne auszumachen. Gerhard Mantz spricht da für alle, wenn er sagt: „Ich glaube, daß Kunst für Menschen da ist und deswegen auch menschlich sein muß und je weiter man sich davon entfernt, desto weniger berührt sie uns."

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Jenseits der Verwechselbarkeit mit Fotografien unterscheiden sich die Rechnerbilder deutlich von den analogen. Während beim fotografierten Bild im Moment der Belichtung, also beim Auslösen des Kameraverschlußes, alle entscheidenden Bildelemente festgelegt werden, entwickelt sich das kameralose Digitalbild aus den zeitlich ablaufenden Punktierungen und Linearisierungen, dem Scannen, und dem nachfolgenden Speichern. Im Unterschied zum Gebrauch der Kamera, die auch dann funktioniert, wenn ein Kenntnisloser den Auslöser betätigt, setzt das Arbeiten am Rechner skulpturale und malerische Fähigkeiten voraus und ähnelt insofern eher dem Malen, bei dem die Farben auch nacheinander aufgetragen werden und der gestaltenden Hand bedürfen. Gefragt ist die ästhetische Konstruktion, zu deren Realisation die Software instrumentalisiert wird. Dazu gehört die Möglichkeit gleichmäßiger Konturschärfe in allen Bildebenen sowie der unbegrenzte Einsatz von Oberflächentexturen und der beliebigen Perspektive oder kombinierten Perspektiven. Obwohl bei den kameralosen Bilder kein reales Licht existiert, braucht der Rechner trotzdem ein zu errechnendes „Licht". Gerade hier liegen in der Lichtgestaltung individuelle Möglichkeiten, insbesondere bedingt durch die Wahl verschiedener Renderingprogramme. Damit nicht genug, das virtuelle Licht kann in weit umfassenderen Brechungen und Spiegelungen eingesetzt werden, als das in der analogen Fotografie mit realem Licht möglich ist, selbst bei Einsatz diverser Lichtquellen. Auch das kann als weiterer fotofremder Faktor angesehen werden.

Obwohl der Digitalkünstler in technischen Parametern arbeitet, kann auch er sich, wie zuvor der Fotograf, von den, wie Vilém Flusser sie beschrieben hat, determinierenden Beschränkung durch irgendwelche Metaprogrammierungen freimachen. Was die kameralose Arbeit am Rechner jedoch von allen Bildmedien unterscheidet und diese übertrumpft, ist das unausschöpfliche Optimierungspotential. Denn der Gestaltungsprozeß kann zu jedem Zeitpunkt und an jeder Stelle ohne Schaden unterbrochen oder frühere Zustände können zurückgerufen werden (sofern die Daten gespeichert wurden), um daran weiter zu arbeiten und das künstlerische Ergebnis zu verbessern. Auf der Dateiebene bleibt das Werk absolut transparent und flexibel für diverse Weiterverwendungen. Hier liegen auch die Potentiale für die Zukunft. Netzkunst und Internet sind nur zwei Stichworte bereits in praxi existierender Möglichkeiten. Und was das Individuelle, die Personalcharakteristik in der Digitalkunst betrifft, so sprechen schon die wenigen in dieser Ausstellung zusammengekommenen Bilder und Animationen für die unterschiedlichen Mentalitäten vor den Rechnern und – um im Bild zu bleiben – hinter den Rechnern. In allen Fällen sehen wir virtuelle Bilder, generiert aus dem, was jeder einzelne der Beteiligten persönlich erlebt, in Form von Bildern gesehen und was er kraft seiner Imagination und dann mittels der digitalen Technik in physisch erlebbare Bilder überführt hat. Nach wie vor ist es das Individuum, und nicht die Maschine, das die Kunst macht.

© 2001 Enno Kaufhold

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Die
Ausstellung "natürlich künstlich – Artifical Life" ist vom 1. April bis 13. Mai 2001 in der Kunsthalle Rostock zu sehen. (weitere Stationen: Mannheimer Kunstverein 15. Juli - 26. August, Haus am Waldsee, Berlin 20. Oktober - 2. Dezember 2001)

Das Katalogbuch erscheint im Jovis Verlag Berlin,
mit
Beiträge von Johanna Jakob und Enno Kaufhold,
deutsch/english, 96 Seiten, mit ca. 80 Farbabbildungen, Hardcover, Format: 24 cm x 28 cm, eingelegte CD-ROM mit vielen weiteren Abbildungen und Animationen, Mac/PC, DM 49.80, Euro 25.46, öS 364.00, sFr 45.50
ISBN 3-931321-66-5

Zu beziehen im Buchhandel oder direkt beim Verlag

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